Einführung in die Zentralprojektion I


Im Gegensatz zu Dürers Lauten-Abbildung, bei der eine Zentralprojektion zentralprojiziert dargestellt wird, ist in allen DynaGeo-Fenstern eine Zentralprojektion parallelprojiziert als Schrägriss dargestellt.

In den folgenden Fenstern ist, Dürers Lauten-Abbildung nachempfunden, jeweils ein Kreis ABCD in der Grundebene als Schrägriss gezeichnet. Auf der Grundebene steht rechts senkrecht die Bildebene mit ihrer Grundspur e. Rechts daneben ist in der Grundebene der Standpunkt S, über dem das Auge O (Okulus) der Zentralprojektion schwebt. Die Strecke SO heißt Sehhöhe s. Der Fußpunkt des Lotes vom Auge auf die Bildebene heißt Hauptpunkt H, sein Abstand zum Auge ist die Distanz d. Waagrecht durch H geht der Horizont h. Einige Sehstrahlen (Projektionsstrahlen) vom Auge zur Kreislinie durchstoßen die Bildebene in den entsprechenden Bildpunkten.


Fenster 1

Sie können in diesen Fenstern die Anordnungen verändern, indem Sie Punkte, die durch kleine Quadrate gekennzeichnet sind, gezielt bewegen. Mit Gli, GEck und Gre können Sie die Grundebene bewegen. Mit Fe und Fv verschieben Sie die Bildebene und die dazu parallele Verschwindungsebene (hier nur deren Spur v gezeigt) längs der langen Kante a der Grundebene. Den Standpunkt S können Sie parallel zur kurzen Kante b der Grundebene verschieben. Das Auge O können Sie vertikal verschieben. Wenn Sie PKr auf a verschieben, wandert der Kreis mit; dessen Mittelpunkt M können Sie dabei parallel zu b verschieben. Und die Größe des Kreises regeln Sie durch Verschieben von A parallel zu a.

Im Kontextmenü der Fenster (Rechtsklick!) können Sie jederzeit den Urzustand der jeweiligen Konstruktionen restaurieren.

Wenn Sie in Fenster 1 den Kreispunkt E längs der Kreislinie verschieben, können Sie die rote Mantellinie beobachten, wie sie einen Kegel beschreibt. Diese Mantellinie ist das Analogon zum gespannten Faden in Dürers Lautenstich. Alle Sehstrahlen vom Auge O zu den einzelnen Kreispunkten bilden zusammen einen Kegel mit Spitze O. Offensichtlich durchstoßen diese Sehstrahlen irgendwo die Bildebene; alle Durchstoßpunkte zusammen ergeben das Bild.

D.h., das Kreisbild ist der Schnitt des Sehstrahlkegels mit der Bildebene, die Ellipse ist also ein Kegelschnitt, was Dürer bereits wusste.

Vergleichen Sie die Lage der beiden "Kreisdurchmesser" AC und BD samt Mittelpunkt M mit derjenigen ihrer Bilder: Offensichtlich bleibt bei Zentralprojektion Mitte nicht mehr Mitte, die Zentralprojektion ist nicht teilverhältnistreu.

Das macht Zentralprojektionskonstruktionen recht kompliziert und das ist der Grund dafür, dass in den vorliegenen Fenstern die Parallelprojektion zur Darstellung der Zentralprojektion verwendet wird.

 

In Fenster 2 sind Fe und Fv in vertauschter Lage, daher ergibt sich nun die Anordnung Objekt - O - Bildebene, wie sie einer Kamera entspricht (Gegenstand - Linse - Filmebene).


Fenster 2

Tipp: Verschieben Sie den Kreis mittels PKr langsam auf die Verschwindungsspur v zu und weiter bis zum rechten Rand der Grundebene. In dem Moment, in dem der Kreis die Verschwindungsspur (einmal) berührt, verschwindet in dessen Bildellipse der Bildpunkt des Berührpunktes; die Bildellipse ist keine geschlossene Linie mehr, sondern eine Parabel. Wenn Sie den Kreis weiter schieben, wird er von v zweimal geschnitten, also fehlen im Bild zwei Punkte, die Bildellipse zerfällt in zwei Linien, ist also eine Hyperbel (verringern Sie ggf. die Sehhöhe s, um beide Äste zu sehen; Ergebnis s.u.).


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Dietrich Tilp | 01.2017